Noch mehr Schampanninger! Kurz vor meinem Abzwitschern in den Urlaub klingelt das Telefon, ein Neukunde ist im Anmarsch. Sympathische Leute. Interessanter Job. Frühere
Niederlagen sind vergessen. Niemand braucht mehr Merkel zu wählen. Der Aufschwung ist da.
Stachanow - 26. Aug, 16:22
Schampanninger! Es ist vollbracht. Rechtzeitig vor dem Urlaub sind alle Verträge gezeichnet, alle Bilanzen aufgestellt, alle Termine erledigt. Der Handelsregistereintrag fehlt noch, aber das ist Formsache. Wenn ich wieder aus dem Urlaub komme, kann ich mich wieder ausschließlich ums Geldverdienen kümmern.
Stachanow - 26. Aug, 15:36
Morgen früh um zwei bricht Familie Stachanow nach Italien auf. Es warten 14 Tage an der Adria. Die Alpenquerung scheint wieder gefahrlos möglich. Stachanow freut sich auf einen Strandurlaub ohne Handy und Internet, dafür mit viel Wein, Weib und Gesang.
Wir werden in einer winzigen Hütte am Strand hausen und viel miteinander reden. Wenn die Kinder eingeschlafen sind, werden wir uns lieben. Untertags werden wir Muscheln sammeln, Strandburgen bauen, wir werden auf dem Markt Schinken und Salami kaufen. Mein Sohn wird heldenhaft weit hinausschwimmen, 50 Meter vielleicht. Meine Frau wird dem ruhig zusehen. Abends werden wir Kleckereis essen. Einmal wollen wir uns bei einem Venedig-Trip von Wucherern ein wenig abledern lassen. Sogar eine kleine Operation steht an, ich darf meiner Tochter einen Wackelzahn ziehen. Wir werden eine Delle mehr im Auto mit nach Hause bringen und miteinander eine gute Zeit haben.
Für Bekundungen des Neids nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion. Arrivederci!
Stachanow - 26. Aug, 10:59
Gestern Berlin. Stippvisite beim Kunden - und Motorradabenteuer.
Anfahrt problemlos. Termin okay. Abfahrt Berlin gegen 16 Uhr. Bis Potsdam Kolonne, bis Leipzig Highspeed. Danach wieder dichter Verkehr. Am Hermsdorfer Kreuz ist der Himmel vor mir zweigeteilt. Rechts hell, links schwarz. Ich überlege mir, ob ich in die Regenkluft schlüpfen soll. Denke mir "ach was, wenn der Regen anfängt, fährst Du rechts ran". Dann beginnt eine Baustelle. Verengung auf eine Spur, Stau, undurchdringlich, selbst für ein Motorrad. Links und rechts Leitplanken. Und das Gewitter setzt ein. Nach fünf Minuten ist die Lederkluft durchweicht. Eine Stunde im Regen. Ich schreie vor Wut. Scheiß DDR! Wobei die am wenigsten dafür kann, dass ich rechtzeitig in die Regenkluft geschlüpft bin. Bei Schleiz kann ich endlich von der Bahn, die Regenkluft über die nasse Lederkombi überstülpen. Wenigstens dringt jetzt keine neue Näse mehr ein.
Der Verkehr läuft wieder. Ich gondle weiter. Das Wasser läuft vor und hinterm Visier, vor und hinter der Brille herunter. 80 Sachen, weil ich die Fahrbahnbegrenzung nicht mehr erkenne. Schneller geht es nicht, beim besten Willen. Die LKW-Fahrer überholen, scheren in weitem Abstand wieder vor mir ein. Sie sind Profis, wissen darum, dass sie Sprühfahnen ziehen. PKW-Fahrer wissen das nicht, oder wollen es nicht wissen, überholen wie wild, ziehen dicht vor mir wieder rein. Ein A3 mit Breitreifen spielt Rennfahrer, prescht vorbei und legt zwei Sekunden vor mir eine astreine Pirouette hin. Klatscht fünffach in die Leitplanke. Ich bremse im Trümmerhagel, der mich zum Glück verschont, halte an. Der Typ im Auto geschockt, aber unverletzt. Ich turne wild winkend auf der Autobahn rum, bis endlich einer anhält und ein Warndreieck aufstellt. Polizei. Abschlepper. Unfallaufnahme. Zeugenaussage. Pitschpatschnass. Die Streifenhörnchen lotsen mich auf einen Autohof, ein Polizist gibt mir einen Kaffee aus, nette Kerle. Sie werden rasch zum nächsten Unfall gerufen.
Ich fahre weiter, summe ein Lied, sinniere übers Autofahren und über Zivilisation, bis ich nach Mitternacht daheim bin.
Stachanow - 23. Aug, 13:15
Es war sehr schön, sagte der schmächtige Bub mit der großen Zahnspange in die Kamera, die ihm ein ZDF-Mensch vors kluge Gesicht hielt. Es war sehr schön. Und ich wurde sehr traurig.
Ein junger Mensch. Auf dem Pausenhof steht er allein. In er Schule läuft es gut, die guten Noten fallen ihm zu. Aber mit den Mädchen klappt das nicht so. Erwachsenwerden ist verteufelt schwer. Alkohol, Kippen, Markenklamotten, große Gesten liegen ihm nicht. Weil er glaubt, dass er da nicht mithalten kann mit den anderen. Und das stimmt. Mithalten kann er nicht. Jeder Versuch in diese Richtung führt unweigerlich in die Peinlichkeit, macht ihn noch mehr zu einem Außenseiter.
Was der Ratzinger sagt über Sex vor der Ehe ist ihm egal. Er hat ja sowieso keinen. 1979 wäre er vielleicht Punk geworden. 2005 ist er Christ. Besser Christ als Nazi, sage ich als Nihilist und Punk von 1979.
Obwohl aus seinen vier Worten "Es war sehr schön" grenzenlose Traurigkeit spricht, wie sie nur ein Jugendlicher empfinden kann, sieht er in dem Moment richtig glücklich aus.
Stachanow - 23. Aug, 12:34
Der
Bundesdance ist wieder da. Unbedingt mit Randgruppe "Papst".
Stachanow - 17. Aug, 14:23
Eine Tasse, ein Teller, ein Messer reichen von Montag bis Donnerstag, und wenn ich nicht aufpasse, eine Unterhose auch. Der Katzenfutterrest stinkt erbärmlich im Mülleimer, ich habe ihn rausgebracht und geleert, trotzdem bleibt der Gestank hängen, unverändert stark. Der Basilikumstrauß im Küchengarten ist pflichtgegossen, welkt trotzdem vor sich hin. Zum Abendessen wahlweise Cornflakes oder Spiegeleier mit welkem Basilikum, dazu ein Bier aus der Flasche und Kinderschokolade aus dem Vorrat der Kinder. Obwohl ich nicht wohne, sondern daheim nur schlafe, vermüllt das Haus. Bevor meine Frau mit den Kindern wieder kommt, muss ich groß reinemachen. Und Kinderschokolade kaufen.
Stachanow - 17. Aug, 11:02
Und nach meinem Besuch des Soziosphärenreservates (vgl. Beitrag unten) lag ich in meinem Garten und beobachtete die Sternschnuppen des Perseidenschwarms.
Das Leben ist herrlich.
Stachanow - 9. Aug, 19:51
Es gibt sie noch in jeder größeren Stadt, diese Viertel, in denen gleichgeschlechtlich liebende Frauen in Latzhosen in der Kneipe sitzen und Rommé spielen, das Halstuch passend zur Einstellung. In so einem Reservat war ich gestern mit einem
Freund. Und habe Expresso getrunken und dazu Schmalzbrote gegessen. Das war wunderschön.
Stachanow - 9. Aug, 19:47
Heute war kein guter Tag für mich. Ich habe ein Projekt gekippt, an dem ich hätte ordentlich Geld verdienen können und sehr viel Spaß haben. Mir kam halt einer in die Quere und bin auf Konfrontation gegangen. Einer, dessen Arbeit ich sehr schätze, weil sie einfach gut ist. Logisch, stringent, ausgewogen, frei von handwerklichen Schnitzern und Marketingblödeleien. Einer, der so arbeitet wie ich - wenn ich mir dieses gestinkerte Eigenlob anheften darf.
Trotzdem: Ein Anruf, eine Mail hin, eine Mail her - und futsch war das Projekt. Drei Mannwochen geleisteter Arbeit perdü und dazu 80 gebuchte Manntage.
Warum kam mir der andere in die Quere? Aus Überzeugung? Aus verletzter Eitelkeit? Zu Recht? Zu Unrecht?
Warum haben ich reflexartig auf Konfrontation geschaltet? Aus Überzeugung? Aus verletzter Eitelkeit? Zu Recht? Zu Unrecht?
"Strg+Z" oder, für die Mac-User, "Apfel Zett" auf gestern abend.
Hätte ich einfach eingelenkt - was wäre passiert? Es hätte später Stress gegeben. Hundertpro. Also kann ich eigentlich froh sein, dass ich mit relativ geringen Anfangsverlusten und ohne Anwalt da rausgekommen bin.
Tröste ich mich etwa gerade selbst?
Was lerne ich daraus?
Ach, ich fahre jetzt nach Hause und lobe meinen Sohn für sein Schulzeugnis. Wenigstens etwas Vernünftiges möchte ich heute schon zustande bringen.
Stachanow - 29. Jul, 17:39