Montag, 4. Juli 2005

Word ist meine Schreibmaschine

Ich schreibe gerade an einem Namensartikel für einen Vorstand eines Dax-30-Unternehmens. Aus seinem Büro erreicht mich ein Word-Dokument, bei dem an jedem Zeilenende ein harter Zeilenschalter steht. Sogar die Trennung ist manu-ell, weshalb die wenigen Passa-gen, die ich copy-pasten könnte, diese Trennstri-che enthalten, die ich manuell wieder heraus-nehmen darf.

Mannmannmann. Ich glaube, ich brauche dieses Blog noch lange zur Kundenschelte.

Business-Blog

Weil meine Mitarbeiter mich und ich sie ständig beim privaten Bloggen erwischt habe, haben wir aus der Not eine Tugend gemacht. Wir haben die Flash-Seite der Agentur auf den Müll geschmissen und ein Firmenblog aufgesetzt. Wenn schon bloggen während der Arbeitszeit, dann wenigstens für die Firma. Mit der Konsequenz, dass dieses Blog darunter leidet. Aber einen Tod muss man sterben - und was tut man alles für den Aufschwung. Den kann sich dann die Merkel auf die Fahne schreiben. Pfui Teufel.

Mittwoch, 22. Juni 2005

Amtsschimmel

Wenn es unmöglich ist, den Zeitpunkt des erstmaligen Gebrauchs zu bestimmen, gelten Geräte, die in Betrieb genommen werden können, sobald sie in Verkehr gebracht werden und die nicht montiert oder installiert werden müssen und deren Vertriebsbedingungen (Lagerung, Transport usw.) das elektromagnetische Verhalten des Gerätes nicht verändern, dann als in Betrieb genommen, sobald sie in Verkehr gebracht werden.

Aus dem Leitfaden zur Anwendung der Richtlinie 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit.

Irgendwie fängt der Satz doch an, wie er aufhört, oder?

Der Paulus

Einen alten Bekannten getroffen, einen kleinen Prinzen der New Economy. So wie der Altlinke sehnsuchtsvoll von "der Ulrike" spricht, so sprach er mit Glänzen in den Augen "vom Paulus". Unbelehrbar? Der Mann hat sich zwischenzeitlich viermal hochgerappelt und ist viermal wieder abgestürzt. Allein, das Problem ist, dass der Mann im Kern etwas kann und jedes Mal vor dem Absturz eine gewisse Fallhöhe erreicht hat. Gerade rappelt er sich wieder ein fünftes Mal hoch. Diesmal vom Nullpunkt. Nach gescheiterter Ehe und Rosenkrieg, die Frau tauschte ihn gegen was "Solides" ein, einen levantinischen Import-Export-Kaufmann, hat er einen neuen, hoch dotierten Job, den dritten Umzug in zwölf Monaten hinter sich, eine neue Freundin.

Er ist leistungsbereit, flexibel, mehrsprachig, belastbar. Er ist bereit, für jeden seiner Arbeitgeber auf Zeit alles zu geben. Er ist nicht einmal zynisch, angesichts seines Lebenslaufs. Er ist die Zukunft.

Als Mensch ist er nett. Mir tut er leid.

Montag, 20. Juni 2005

Brecht war kein Franke

Die Hitze flimmert. Das Grün der Gerstenfelder weicht einem unschönen Gelbgrün, das sich aber in ein paar Wochen zu einem satten Goldton verwandeln wird. In den hohen Pappeln spielt der Ostwind. Die Karpfenweiher liegen still in der Mittagshitze. Das Wasser ist dreckig braun und unbewegt. Nur ab und an steigen trübe Blasen vom schlammigen Grund auf, nur ab und an springen die Karpfen atemhaschend in die Luft. Aber sogar diese Bewegungen kurz vor dem Erstickungstod wirken träge. Franken im Sommer.

Das einzige, was einem Südbayern wie mir in der fränkischen Diaspora fehlt, ist Wasser. Flüsse wie der glasgrüne, eisige Lech, dazu die unergründlichen Baggerseen im Lechfeld oder am Unterlauf der Mindel. Wasser, die reißen, Wasser, das steht. Klares Wasser zum Baden, zum Sich-treiben-lassen wie dereinst Bertolt Brecht im Gedicht „Vom Schwimmen in Flüssen und Seen“.

Im bleichen Sommer, wenn die Winde oben
Nur in dem Laub der großen Bäume sausen
Muß man in Flüssen liegen oder Teichen
Wie die Gewächse, worin Hechte hausen.

Dein Leib wird leicht im Wasser. Wenn der Arm
Leicht aus dem Wasser in den Himmel fällt
Wiegt ihn der kleine Wind vergessen
Weil er ihn wohl für braunes Astwerk hält.

Der Himmel bietet mittags große Stille.
Man macht die Augen zu, wenn Schwalben kommen.
Der Schlamm ist warm. Wenn kühle Blasen quellen
Weiß man: ein Fisch ist jetzt durch uns geschwommen.
Mein Leib, die Schenkel und der stille Arm
Wir liegen still im Wasser, ganz geeint
Nur wenn die kühlen Fische durch uns schwimmen
Fühl ich, daß Sonne überm Tümpel scheint.

Wenn man am Abend von dem langen Liegen
Sehr faul wird, so, daß alle Glieder beißen
Muß man das alles, ohne Rücksicht, klatschend
In blaue Flüsse schmeißen, die sehr reißen.
Am besten ist’s, man hält bis zum Abend aus.
Weil dann der bleiche Haifischhimmel kommt
Bös und gefräßig über Fluß und Sträuchern
Und alle Dinge sind, wie’s ihnen frommt.

Natürlich muß man auf dem Rücken liegen
So wie gewöhnlich. Und sich treiben lassen.
Man muß nicht schwimmen, nein, nur so tun, als
Gehöre man einfach zu den Schottermassen.
Man soll den Himmel anschaun und so tun
Als ob einen ein Weib trägt, und es stimmt.
Ganz ohne großen Umtrieb, wie der liebe Gott tut
Wenn er am Abend noch in seinen Flüssen schwimmt.

Dafür ist in Franken der Boden zu sandig, der Grundwasserspiegel schwankt zu sehr.

Donnerstag, 16. Juni 2005

Ich werde alt

Gerade reicht mir ein Kollege eine selbstgebrannte CD rüber mit loungiger, groovender Musik, sogar indisches und japanisches Zeug ist mit drauf. So wie Cafe del Mar, bloß viel, viel witziger. Gefällt mir auf Anhieb. Und dann sagt mir der Kollege, das sei das Mixed Tape 7 von Mercedes-Benz, frei zum Download. Und ich merke, wie alt ich bin.

Mittwoch, 15. Juni 2005

Samay, dalmay, anonay

Aus irgendeinem Grunde "salmay, dalmay, adonay" rufend betrete ich heute aus der Mittagspause kommend das Büro. Und die Kiddies gucken auf hinter ihrem Elektriktrick und schauen mich an wie einen Menschen vom anderen Stern - oder wie einen, der aus dem Jahr 1066 in die Jetztzeit katapultiert worden ist.

Surfpop

Morgen ist Abgabe. Langer Namensartikel über Nachhaltigkeit im Transportwesen, Feinstaub, Citymaut und so. Ghostwriting, ordentlich bezahlt, da hochgestellte Person. Eigentlich eine leichte Fingerübung. Je größer der Kopf des Großkopferten, desto allgemeiner der Bla. Mein Willi Wichtig hält sich nicht mit Details auf.

Aber ich finde den Einstieg nicht. Aus dem Kopfhörer hämmern die 15 Black Forest Surf Originals der Leopold Kraus Wellenkapelle. Unmöglich, sich bei dem instrumentalen Surfpop im Stil der Sixties zu konzentrieren. Der Track "Lothar 99", benannt nach dem Orkan, der am ersten Weihnachtsfeiertag 1999 über den Süden fegte, ist ein Brett. Der Sturm war vielleicht ein erster Beleg für den Klimawandel. Aber auch das taugt nicht als Einstieg für den Text. Willi Wichtig sagt so was nicht.

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